Agile Führung – Ist das was für unser Unternehmen?

Da sich die Welt ständig verändert ist es sinnvoll, hin und wieder zu hinterfragen, ob der eigene Führungsstil und die Unternehmens-Führungskultur noch immer die beste Wahl sind, oder ob andere Ansätze weiterhelfen können. So zum Beispiel Agiles Führen.

Doch agiles Arbeiten ist nicht für jedes Unternehmen, nicht für jede Abteilung oder jede Aufgabe die beste Lösung. Der agile Ansatz stammt aus einem bestimmten Kontext, d.h. er ist für bestimmte Rahmenbedingungen geeignet, für andere wiederum weniger. Je komplexer und vielschichtiger die Aufgaben sind, (was meist gleichbedeutend damit ist, dass die Unsicherheiten, welche Lösung für die Probleme die beste ist, größer sind,) desto eher sind agile Prozesse und agile Führung eine gute Wahl. Denn agile Prozesse lassen explizit den Raum für Unvorhergesehenes und die plötzliche Veränderung von Rahmenbedingungen.

Checkliste: Agil führen – ja oder nein?

Prüfen Sie Ihre Ausgangslage und beantworten Sie die Fragen mit Ja oder Nein!

  1. Unser Unternehmen, das darauf einwirkende Umfeld und die Herausforderungen verändern sich immer schneller und stärker.
  2. Durch die wachsende Komplexität ist es für Führungskräften schwerer geworden, gute und umsichtige Entscheidungen zu treffen. Eigentlich sind häufig mehr Perspektiven zu berücksichtigen, als die Führungskraft alleine im Kopf jonglieren kann.
  3. Vorgänge, Reaktionen und Entscheidungen brauchen häufig länger, als es wünschenswert und gut wäre.
  4. Es hakt immer wieder bei der Kundenzufriedenheit, da die Erwartungen nicht erfüllt werden.
  5. Die Anforderungen an die Projekte oder auch die Aufgabenstellungen ändern sich im Laufe des Projektes. Bzw. das richtige Vorgehen ist zu Beginn des Projektes noch gar nicht klar absehbar und muss erst noch herausgefunden werden.
  6. Die Mitarbeitenden sind unzufrieden und die Stimmung nur mäßig oder schlecht. Vor allem die guten Leute überlegen das Unternehmen zu verlassen oder wirken demotiviert.

Je mehr Fragen Sie mit Ja beantworten, desto lohnenswerter ist ein Blick ins agile Arbeiten!

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„New Work“

Inzwischen ist in vielen Unternehmen fast schon ein „New-Work-Fieber“ ausgebrochen und dieses geht einher damit, dass alles agiler werden soll. Dies wird häufig als das beste Mittel gesehen, wie auf die schwierigen Anforderungen des Alltags besser reagiert werden kann.

Als Begründer der New Work-Bewegung gilt der 2021 verstorbene Fritjhof Bergmann (Sozialphilosoph und Anthropologe). Der Grundgedanke, den Bergmann entwickelte und schließlich in seinem Buch "Neue Arbeit, neue Kultur" (2004) zusammenfasste, resultierte aus der Überzeugung, dass Menschen ihr Arbeitsleben selbstständiger, mit mehr Freiheiten und mit einer größeren Teilhabe an der Gesellschaft gestalten sollen. Die Arbeit sollte im Kontext von New Work das Mittel zum Zweck der Selbstverwirklichung für den Menschen sein und demnach drei Kriterien erfüllen:

Sie muss

  1.   Sinn stiften
  2.   Freiheiten schaffen
  3.   Selbstständigkeit fördern

Zentral sind dabei nicht Methoden, sondern ein gemeinsam geteiltes Mindsets, das auch getragen werden muss. Handlungsfreiheit, Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und ein sinnstiftender Kontext sind hier wichtige Mittel zu Mitarbeitermotivation, Innovationskraft sowie Agilität und letztendlich wirtschaftlichem Erfolg.

Doch so vielseitig die Aufgaben, so viel vielseitig sind auch die Arten, mit Aufgaben und Projekten umzugehen.

Klassisches Projektmanagement hat das Ziel, durch solide Planung und entsprechendes Risikomanagement möglichst klare Vorhersagen zu treffen und Ergebnisse sicher, also pünktlich, in gewünschter Qualität und zum richtigen Preis, zu liefern.

Bei klaren, aber komplizierten Aufgaben und Projekten ist diese Vorgehensweise auch weiterhin wichtig.

Agile Prozesse für komplexe Aufgaben: Lernen durch Iteration

Agile Prozesse sind insbesondere bei sehr komplexen Aufgaben und Projekten von Vorteil, die ein großes Maß an Unsicherheit und vielschichtigen Zusammenhänge beinhalten. Lösungen erwachsen hier durch experimentieren und eine schrittweise Vorgehensweise.

Denn agile Prozesse lassen explizit den Raum für Unvorhergesehenes und die plötzliche Veränderung von Rahmenbedingungen.

Dies wird durch sogenannte Sprints und Iterationsschleifen (Wiederholung von Prozessschritten) gewährleistet. Jede Wiederholung nähert sich dabei der Lösung des Nutzerproblems schrittweise an. Man versucht also gar nicht erst, alles im Vorhinein zu verstehen und zu planen, sondern akzeptiert ein schrittweise Vorgehenseise, bei der sich durch die Analyse der „Zwischenergebnisse“ (Feedback und neue Erkenntnisse), Veränderungen in den Handlungen ergeben.

Agiles Arbeiten – nicht für jeden der Königsweg

Prinzipiell kann agiles Arbeiten auch bei einfachen oder lediglich komplizierten Aufgaben oder Projekten angewandt werden, dies ist jedoch nicht unbedingt zweckmäßig. Denn um der Komplexität, Unsicherheit und den vielschichtigen Zusammenhängen zu begegnen, brauchen/haben agile Teams eine andere Grundhaltung (Mindset) als Teams in „traditionelleren eher hierarchiegeprägten“ Unternehmen. Zudem arbeiten agile Teams überwiegend Hierarchie-unabhängig, eigenverantwortlich und selbstbestimmt.

Die für diese Arbeitsweise notwendigen Änderungen führen in „traditionelleren, eher hierarchiegeprägten“ Unternehmen dann leicht zu Konflikten oder schlicht zu Frustration oder auch Überforderung. Zwar wird hier dann ein Versuch des agilen Arbeitens gestartet, doch die Teams stoßen in der Umsetzung auf Grenzen und Blockaden (Vorgaben und hierarchisch bedingte Genehmigungsstrukturen), die effektives Arbeiten schlicht zunichtemachen. Manchmal ist es durchaus empfehlenswert, aus dem agilen Arbeiten und dem agilen Mindset nur ein paar Anregungen mitzunehmen, ohne direkt das ganze Unternehmen umzustellen.

Erste Schritte zu mehr Agilität – So gehen Sie vor

Bevor agiles Arbeiten eingeführt wird, hilft es im ersten Schritt die zu lösenden Probleme erst einmal zu clustern.

  • Welche der Aufgaben und Projekte fallen überhaupt in das Cluster „hohe Komplexität, Unsicherheit und vielschichtigen Zusammenhängen“?
  • Welche Aufgaben sind auf der anderen Seite vielleicht Mengen mäßig viel, aber eher einfach zu lösen, oder „nur“ schwierig und kompliziert? 

Im zweiten Schritt hilft es dann, mit dem als Methode eingesetzten fragenbasierten Kommunikationsmodell des Golden Circle, noch einmal hinter die Kulissen zu schauen:

  • Wozu möchte ich Agilität einführen?
  • Was möchte ich damit erreichen? Kann Agilität mein Problem überhaupt lösen?
  • Wie soll Agilität entstehen? Vorgehensweise?

Erst wenn diese Fragen geklärt sind, überlege ich in einem dritten Schritt, wo ich mit agilen Methoden, mit mehr Austausch und Zusammenarbeit, starten würde und welche Formate, von Kanban bis zu Objectives and Key Results ich dafür benötige.

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Was macht das agile Mindset aus?

Wenn Sie agile Führungskräfte beobachten, erleben Sie:

  1. Die Führungskraft ist offen für neu Impulse und andere Wege als den eigenen. Sie kleben nicht an ihren Plänen und Vorstellungen, sondern lieben es, Muster zu hinterfragen und gehen dazu in Diskussion oder greifen Anstöße von Mitarbeitenden und Kunden auf.
  2. Die Führungskraft hat das Große und Ganze im Blick und haftet nicht an Details bzw. plant nicht den gesamten Prozess von Anfang bis Ende. Sie weist vielmehr die Richtung, in die die Mitarbeitenden gehen und in deren Rahmen die Lösungen erarbeitet werden. Der Weg zur Lösung ist dabei nicht gefixt, sondern kann jederzeit angepasst werden, wenn eine Korrektur der Richtung erforderlich ist.
  3. Die Führungskraft vertraut dem Team und geht davon aus, dass die Mitarbeitenden im Sinne des Unternehmens handeln. Sie verlässt sich darauf, dass die Mitarbeitenden, die ja meist näher am Kunden sind als sie selbst, Veränderungen und Notwendigkeiten am schnellsten erkennen. Und meist sind es auch diese Mitarbeitenden, die Lösungen bereits in petto haben. Die Führungskraft gibt Entscheidungen daher dem Team in die Hand und lässt es die Herausforderungen meistern.
  4. Die Führungskraft geht mit Fehlern positiv um, so dass das Lernen aus Fehlern im Vordergrund steht. Es geht nicht um Schuldsuche, sondern darum, immer besser zu werden!
  5. Die Führungskraft ist Meister*in der Iteration. Sie führt „auf Sicht“: die einzelnen Schritte werden ausgewertet und der jeweils nächste daraus abgeleitet. So kann schnell umgesteuert werden – und viel gelernt!
  6. Die Führungskraft fördert eine Feedbackkultur. Denn jedes ausprobieren und bewerten führt zu besseren Entscheidungen. Dies gilt für das Produkt selbst genauso wie für die Arbeitsprozesse. Die Führungskraft ist auch selbst offen für Feedback. Kritik und Bedenken dürfen bei ihr jederzeit frei geäußert werden und sind sogar gewünscht.
  7. Die Führungskraft ist schnell in Entscheidungen, die den Mitarbeitenden Orientierung geben. Die Frage, ob das Unternehmen jetzt rechts oder links abbiegt, sollte nicht im Stau steckenbleiben, sondern schnell erfolgen, denn die agile Welt verändert sich selbst schnell. Doch die Führungskraft ist nicht nur schnell in Entscheidungen, sie sorgt zugleich dafür, dass das Team viele Entscheidungen selbst treffen kann und die dafür nötigen Informationen vorliegen und die Strategie des Unternehmens verstanden hat.
  8. Die Führungskraft fördert die Kommunikation und den Austausch im Team. Denn die besten Lösungen entstehen bei komplexen Herausforderungen erst dadurch, dass sich unterschiedliche Perspektiven und Fähigkeiten ergänzen. Respekt, eine positive Grundhaltung gegenüber den Absichten anderer, ein konstruktiver Austausch und das Wertschätzen des Gegenübers sind hierfür entscheidend!
  9. Und last but not least: Die Führungskraft wendet agile Methoden an, um Prozesse zu unterstützen: Scrum, Design Thinking, Kanban, Lean StartUp, OKR, Prince2 Agile.

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