Wahrnehmungsfallen – Wie Sie objektiv bleiben können
Wir halten uns selbst für aufgeschlossen und weltoffen. Doch leider gibt es ein paar Fallen, in die wir doch alle tappen, - einfach weil unser Gehirn so funktioniert wie es nun mal funktioniert. So glauben wir eher Menschen, die ähnlich denken und urteilen wie wir selbst (Selbstbestätigungsfalle). Und sobald wir das Gefühl haben, dass uns die Entscheidungsfreiheit genommen wird, gehen wir automatisch in den Widerstand (Reaktanz). Der Backfire Effect äußert sich wiederum darin, dass, wenn unsere Überzeugungen angegriffen werden, wir dazu neigen, sie noch stärker zu verteidigen als wir es vorher je getan hätten. Das Ganze passiert unbewusst, so dass wir sagen: Obacht! Machen Sie sich die Fallen bewusst, damit Sie sich selbst besser beobachten und bewusst gegensteuern können!
Reaktanz
Wenn uns unsere Entscheidungsfreiheit genommen wird, wehren wir uns automatisch und gehen innerlich in den Widerstand. Jeder kennt dieses Trotzverhalten von Kindern, aber wenn man genau hinschaut, sind sie auch bei uns Erwachsenen sichtbar. So führte z.B. die Einführung der Sicherheitsgurtpflicht bei Autos zu einem Aufschrei – dabei war der Sinn ja nicht verkennbar.
Zu fern & zu komplex
Gehirn legt den Fokus auf das, was uns direkt betrifft. Alles, was räumlich und zeitlich in der Ferne liegt, bekommt weniger Aufmerksamkeit. Gleiches gilt in Bezug auf Komplexität. Unser Gehirn versucht möglichst energiesparend schnelle Entscheidungen zu ermöglichen – das ist bei komplexen Zusammenhängen jedoch nicht möglich. Intuitiv plausibel erscheinen uns vor allem die Zusammenhänge, die eine räumliche oder zeitliche Nähe zwischen Auslöser und Auswirkung haben.
Zu ungewiss
Je komplexer die Wirklichkeit erscheint, desto unsicherer sind wir, welche Folgen tatsächlich eintreffen werden. Oft führt das dazu, dass wir erst einmal abwarten und nichts tun. Das kann fatal sein.
Ohnmachtsgefühl
Wir Menschen wollen uns als wirksam und bedeutsam erleben können. Wenn dies jedoch nicht möglich ist (zum Beispiel durch ungünstige Strukturen oder auch negative Dauerberieselung), vermeiden wir es, uns mit dem Thema weiter zu befassen. Unbewusste Verdrängungsreaktionen und Desinteresse nehmen zu. Der Wahrnehmungsfokus richtet sich in eine andere Richtung aus.
Backfire Effect
Wenn unsere Überzeugungen angegriffen werden, neigen wir dazu, sie noch stärker zu verteidigen.
Selbstbestätigungsfalle
Wenn Probleme so komplex sind, dass ein Überprüfen widersprechender Wissensangebote kaum noch gelingt, neigen wir dazu, die Menschen als glaubwürdig zu erachten, die ähnlich denken und urteilen wie wir.
Glaubensfalle
Wenn Schlussfolgerungen unsere Weltsicht bestätigen, hinterfragen wir die Fakten dahinter weniger kritisch. Noch riskanter: Wenn Schlussfolgerungen unsere Weltsicht bedrohen, suchen wir unbewusst Möglichkeiten, sie zu ignorieren oder zu entkräften.
Echoräume
Echoräume sind vor allem in sozialen Medien zu beobachten: Wir abonnieren Seiten, die uns zusagen - und bekommen automatisch immer mehr Infos, die ähnliche Meinungen widerspiegeln. Dies schränkt die Wahrnehmung von anderen Perspektiven und Meinungen ein – im Extremfall glauben wir sogar, dass die Mehrheit so denkt wie wir selbst, da wir nur ähnlichen Meinungen begegnen.
Filterblasen
Die Algorithmen der Suchmaschinen sorgen dafür, dass wir bei online-Recherchen zunächst einmal die Antworten bekommen, die am besten zu uns passen. Die Maschine lernt nämlich, Antworten bevorzugt auszuspielen, die unserer Einstellung ähnlich scheinen.
Verzerrungen
Häufig werden in Presseartikeln Aussagen gegenübergestellt, um eine gewisse Neutralität zu wahren. Nicht immer sind diese jedoch in ihrer Wertigkeit (z.B. wissenschaftliche Fundierung) vergleichbar. Möglicherweise behauptet die nicht fundierte Aussage sogar das Gegenteil der wissenschaftlich gesicherten - und der Leser weiß nicht mehr, was er glauben soll. Das führt zu Verunsicherung, obwohl an diesem Punkt aus wissenschaftlicher Sicht keine Unsicherheit mehr besteht. Und die Unsicherheit wiederum führt dazu, dass wir besser nichts tun als möglicherweise das Falsche.
Aufmerksamkeitsfalle
Wir halten Dinge für wichtiger, die bereits in Erinnerung sind oder oft wiederholt werden. Möglicherweise gibt es jedoch Themen, über die niemand redet, die jedoch viel brennender sind.
Ähnlichkeitsfalle
Wenn zwischen uns und unserem Gegenüber eine Ähnlichkeit hinsichtlich Name, Alter, Religion, Hautfarbe, o.ä. besteht, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass du auf diese Person positiv reagierst. Attraktivität verstärkt den Effekt zusätzlich.
Soziale Bewährtheit
Um Fehler zu vermeiden, orientieren wir uns bei Entscheidungen häufig daran, was andere für richtig halten. So betrachten wir z.B. ein Verhalten in einer gegebenen Situation als richtig, wenn wir dieses Verhalten bei vielen anderen Leuten ebenfalls beobachten können. Wenn Führungskräfte ein Verhalten vorleben, so prägt es noch deutlicher.
Framing
Über unsere Sprache werden im Gehirn kognitive Deutungsrahmen (frames) aktiviert - diese bestimmen, wie wir Fakten wahrnehmen und wie wir über Themen denken. Spricht man z.B. von der „Flüchtlingswelle“, so entsteht direkt ein beängstigendes Bild einer über uns zusammenschlagenden Welle, der wir hilflos ausgeliefert sind. „Steueroasen“ hingegen klingen positiv und vielversprechend und nicht verwerflich, wie die Tat dahinter eigentlich ist.
Die Beispiele zeigen: Unser Gehirn steuert viele unserer Entscheidungen unbewusst in bestimmte Richtungen. In vielen Fällen sind diese Richtungen riskant. Nehmen Sie also das Steuer lieber selbst in die Hand und machen Sie sich die Fallen bewusst!
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